Samstag, 05.10.24 – das Tüpfelchen aufs i

Vorveröffentlichung des ersten Entwurfs, genaueres folgt….

Gut geschlafen, das Rauschen der Fälle hört man praktisch nicht. Doch um etwa 07.25 erwachte ich, weil ich dachte, das Licht brenne. Tatsächlich war jedoch gerade die Sonne am Horizont über den Fällen aufgegangen, so ergab sich eine tolle Morgenstimmung zumal der Himmel im Gegensatz zu gestern praktisch wolkenlos war. Ich genoss einfach nur vom Bett aus, ich hatte ja Zeit. Viel später machte ich den Koffer und mich reisefertig du gegen elf Uhr verliess ich das grandiose Zimmer endgültig. Erst fuhr ich noch zum Kingsbridge Park, oberhalb der Fälle, dort war jedoch weiträumig alles mit einem etwa vier Meter hohen Zaun und vielen Warnschildern umgeben, so dass ja niemand auf die Idee käme, dort in den Fluss zu steigen. Also gings weiter Richtung Ontariosee, nochmal entlang den Fällen über den Niagara-Parkway Bis Niagara-at-the-Lake. Dort war alles ziemlich voll, so sucht ich den weitern Weg bis zur Dixie Outlet-Mall, kam vorher noch in den Stau, aber ich hatte ja Zeit. Später zum Flughafen, Auto abgeben, Gepäck abgeben und jetzt hatte ich in der Signature Lounge von Air Canada erst mal ein leichtes Znacht, da ja den ganzen Tag noch fast nichts gegessen. Jetzt geht’s dann gleich auf den Flieger….

Freitag, 04.10.24 – noch eine lange Etappe

Schlecht geschlafen letzte Nacht, trotz super Hotelzimmer und bequemem Bett. Keine Ahnung warum, weil meine Reise bald zu Ende ist? Oder wegen den bevorstehenden Unsicherheiten der heutigen Etappe? Ich entschied mich, etwas früher als geplant aufzustehen und zu starten und dann dafür etwas längere Pausen zu machen.  So verliess ich das Hotel nach einem reichhaltigen Zmorge schon weit vor neun Uhr, noch kurz nachtanken, dann gings bei bedecktem aber recht warmem Wetter auf der Hwy 400 weiter südwärts, irgendwann bog ich rechts ab und gelangte nach Wasaga Beach an der südöstlichsten Ecke des Huronsees. Die Beachfront wirkte etwas verschlafen, sieht wohl in der Hochsaison viel mehr Betrieb. Die Hauptstrasse dem See entlang verläuft meist erst so in zweiter Reihe, man gelangt selten direkt ans Wasser, es hat auch viele Privatstrände, nur in den Ortschaften selber gibt es ein paar Public Beaches, scheint eine teure Gegend zu sein. Dennoch genoss ich die entspannte Fahrt, wenn auch die vielen Ortsdurchfahrten die Reisegeschwindigkeit erheblich senken. Auf der Höhe von Meaford/Centreville verabschiedete ich mich definitiv vom Lake Huron, ab hier verläuft die Strasse 26 westwärts eine Landzunge abschneidend direkt nach Owen Sound. Von dort aus verlief mein Weg dann süd- später südostwärts und immer noch entspannt auf der Hwy 6 direkt nach Hamilton an der Südwest-Ecke des Lake Ontario. Erst so im letzten Viertel dieses Abschnitts begann es einerseits entgegen Wetterbericht zu regnen, andrerseits wurde der Verkehr nun deutlich stressiger. Ich hatte diese Route gewählt, um den Grossraum Toronto-Flughafen-Mississauga zu umgehen da wieder Freitag ist und ich schon letzten Freitag feststellen musste, dass dort erhöhte Staugefahr herrscht. Ganz ohne gings zwar auch nicht, in der Region Hamilton-Burlington fand auch ich mich in sehr dichtem stauenden Verkehr wieder, doch es rollte immer irgendwie, und Google Maps als Navi zeigte mir zuverlässig den Weg durch die verschiedenen Fahrspuren. Über das Beachten gewisser Verkehrsregeln durch die Kanadischen Autofahrer möchte ich mich jetzt nicht weiter auslassen, nur soviel, wenn man ausserorts und auf den Autobahnen die vorgesehene Geschwindigkeit einhält, dann ist man eher ein Verkehrshindernis. So habe ich halt im Laufe der Erfahrungssammlung meine Fahrgeschwindigkeit immer mehr dem Verkehrsfluss angenähert. Nach genau 476 Km fuhr ich noch eine Viertelstunde vor der angedachten Zeit beim Radisson Fallsview vor und erhielt tatsächlich ein Zimmer mit Wasserfallblick. Zwar auch nur aus der zweiten Reihe und im vierten Stock, doch der Blick auf den Hufeisenfall ist dennoch grandios, erst recht, als beim Eindunkeln dann noch die Farbenspiele der Scheinwerfer dazukamen.

Da ich nach dem grossen Zmorge im Hotel nicht mehr viel gegessen hatte, meldete sich nun der Hunger, und so passte es gut, dass sich direkt neben dem Hotel ein Outback Steakhouse befindet, den so ein richtiges Steak hatte ich auf dieser Reise bisher noch nicht bekommen, beim ersten Versuch wurde mir mal ein Hack-Steak vorgesetzt, beim zweiten war keines mehr erhältlich. So gabs jetzt zum Schluss doch noch ein gutes Stück Fleisch auf australische Art zubereitet. Schon um halb Sieben war ich satt und entschloss mich nun, trotz immer noch bestehendem Regen rasch an die Niagara-Fälle hinunterzugehen. Dazu holte ich erstmals die Regenjacke aus dem Koffer. Nur leider nützte sie nicht allzu viel, man wurde dennoch nass, und erst später merkte ich, dass der Regen eigentlich aufgehört hatte und ich mich einfach längere Zeit im Gischtregen der Fälle bewegt hatte… Zurück im Hotelzimmer gabs dann einiges zum trocknen aufzuhängen, ich holte sogar das vorhandene Bügeleisen hervor, um meine Jeans für morgen wieder trocken zu kriegen. Dafür geniesse ich jetzt noch den spektakulären Nachtblick aus dem Zimmer auf die Niagara-Fälle. Den Rückflug für morgen habe ich auch schon eingecheckt, jetzt muss noch einiges um- und richtig verpackt werden, bevor es morgen Abend auf die Heimreise geht. Ich habe viel Zeit, bis um elf Uhr kann ich im Hotel bleiben, dann plane ich, dem Niagara-River entlang hoch nach Niagara-on-the-Lake zu fahren, vielleicht noch eine Outlet-Mall zu besuchen, erst bis 17 Uhr muss ich das Auto abgeben, bis 17.30 das Gepäck. Und dann melde ich mich vor dem Abflug dann vielleicht noch aus der Lounge.

Donnerstag, 03.10.24 – entlang des Lake Huron

Heute war schnell gepackt und der Schlüssel meiner Motel-Suite dem netten Inder an der Reception abgegeben. Ein paar Blocks weiter holte ich mir beim grossen M noch etwas zum Zmorge mit der Absicht, dies dann ausserhalb der Stadt auf irgend einem der vielen Picknickplätze zu verdrücken. Es sollte nämlich weiter dem Wasser entlang gehen, diesmal im Uferbereich des Lake Huron, in dem sich gebietsweise aber eine grosse Zahl von Inseln befinden, so dass man eigentlich selten auf den offenen See hinaus sieht, sondern sich eher an einem Flusslauf wähnt. Nur, wo waren jetzt all die sehr gut ausgestatteten Picknickplätze, wenn man sie braucht? Ich fuhr extra noch eine Strecke neben der grossen Highway, um der Waterfront näher zu sein. Doch erst nach etwa 60 Kilometer fand sich das Gesuchte, dafür umso lieblicher, die Herbstfarben nehmen merklich jeden Tag zu. Mein Kaffee war noch knapp erträglich warm, die Egg-Roll jedoch kalt, anyway. Nun gings aber auf die Trans Canada Highway 17 ostwärts, an Ortschaften vorbei mit Namen Spanish, oder Española, man könnte meinen, man sei ganz woanders… Zeitweise sah man nun doch die offene Küste, leider selten mit Gelegenheit, kurz anzuhalten und die Aussicht zu geniessen. Vor Sudbury gings wieder ins Landesinnere, aber dennoch viel Wasser, eine Art Seenplatte, die einzelnen Seen lagen teilweise sichtbar auf verschiedenen Ebenen. Das merkte man gut, wenn die Strasse an einem See entlang führte, dann gings mit Steigung einen Hügel hoch und oben plötzlich wieder an einem Gewässer vorbei. Hinter Sudbury ging die Trans Canada Highway dann südostwärts und hiess nun 69, später kurz vor Parry Sound wurde sie zur 400 und erneut vierspurig. Nach 487 Kilometern (wiederum inklusive aller Schlenker) parkte ich vor dem Best Western Plus von Parry Sound, erhielt ein super modernes Zimmer, richtete kurz ein und ging dann noch ins Stedtli auf Erkundungstour. Es führen zwei Bahnlinien durch die Stadt, man hört Züge, nur sieht man sie nicht. Die eine Linie führt sogar spektakulär auf einer hohen Trestlebrücke über die Bucht am Hafen. Die Brücke fotografierte ich von allen Seiten, wünschte mir auch einen Zug darauf, doch man hörte so alle halbe Stunde mal einen auf der hinteren unsichtbaren Strecke durchfahren. Im vorletzten Sonnenlicht besuchte ich noch einen Aussichtsturm oberhalb der Brücke, 130 Stufen und tolle Abendstimmung, jedoch kein Zug. Dann fuhr ich in den Hafen, wo ich vorher Restaurants geortet hatte, gönnte mir ein feines Steak-Sandwich und genoss auf der Terrasse des Tailwind das letzte Sonnenlicht bzw. den Sonnenuntergang. Ich hatte schon bezahlt und wollte gerade zusammenpacken, als es auf der Brücke zu rumpeln begann und dann doch noch ein stattlicher Güterzug mit Doppelcontainerladungen und Zwischenlok darüberfuhr, leider nur noch im Dämmerlicht. Ob meine Bilder was geworden sind, wird sich noch zeigen, zufrieden jedoch fuhr ich zurück ins Hotel und widmete mich für den Rest des Abends der Detailplanung der morgigen Etappe.

Mittwoch, 02.10.24 – spektakuläre Küstenfahrt

Noch einmal ausschlafen, wird wohl bis Samstag das letzte Mal sein. Da es im M/Hotel direkt kein Frühstück gab, holte ich mir als erstes schräg gegenüber im K-Circle einen Kaffee und ein Eierbrötchen und weiteren Proviant für den Tag. Dann gings erst mal an den Dorfeingang. Waren in Cochrane viele Eisbären in Übergrösse aufgestellt, so sind es hier in Wawa die Gänse, deshalb heisst mein H/Motel auch Big Bird Inn. Am südlichen Dorfrand hat es nun eine weitere Ansammlung solcher Tiere, die ich natürlich noch aufnehmen wollte. Beim Infocenter wo die grösste Gans steht, verdrückte ich dann meinen Eierburger zum Kaffee. Es ist windig und kühl, aber nur leicht bedeckt. Wenige Kilometer Fahrstrecke nur noch, bis man an die Gestade des Lake Superior gelangt, sozusagen ein kleines Süsswassermeer. Der folgende Strassenabschnitt über Dutzende Kilometer der Küste entlang mit immer wieder spektakulären Aussichten könnte man schon fast mit der Highway 101 entlang der Kalifornischen Küste vergleichen. Leider hat es bei den schönsten Punkten nicht viele Möglichkeiten, wo man sicher anhalten und aussteigen könnte. Also halte ich mich an die paar offiziell bezeichneten Scenic Lookouts. Zweimal mache ich noch einen Abstecher von der Hauptroute weg, einmal klappts, einmal ists ein Schuss in den Ofen, das Navi möchte mich über Waldwege, die höchstens zu Fuss begehbar wären, zu einem Wasserfall lotsen. Ab Mittag ist dann die Sonne auch wieder da, es bleibt aber kühl. Nach gemütlicher Fahrt erreiche ich am späteren Nachmittag Sault Ste. Marie und muss erst mal dringend tanken, der heftige Wind hat sich sehr nachteilig auf den Benzinverbrauch ausgewirkt. Dann besuche ich noch die Touristenattraktion von Sault Ste. Marie, Kanal und Schleuse. Der St. Marys River verbindet Lake Superior mit dem Lake Huron, der Name der Stadt könnte dazu verleiten, hier einen Wasserfall zu vermuten, in Wirklichkeit sind es aber eher eine längere Reihe von Stromschnellen. Der Fluss bildet zudem die Grenze zwischen Kanada und USA, es gibt also auch eine Stadt mit gleichem Namen auf der amerikanischen Seite. Links und rechts der Stromschnellen hat man Schleusen gebaut, mit denen der Schiffsverkehr den Höhenunterschied von etwa 6m zwischen den beiden Seen überwinden kann. Die Soo-Schleusen auf der Amerikanischen Seite übernehmen dabei den Hauptverkehr, während die Kanadischen Schleusen nur noch für spezielle Fahrten in Betrieb sind. Hier kann man nun zu Fuss über die Schleusentore rüber auf zwei Inseln, auf denen es mehrere Trails und Aussichtspunkte hat. Drei der Aussichtspunkte direkt an den Stromschnellen liegen dabei nur noch etwa 100 bis 200m von der Grenze zu den USA weg. Die Spätnachmittagssonne wärmte den kleinen Spaziergang. Über die Inseln drüber führt auch die internationale Strassenbrücke zwischen den beiden Städten. Weiter oben hat zudem die Bahn ihre Grenzstrecke, offenbar über eine Klapp- oder Hubbrücke. Nach dem kleinen Ausflug fuhr ich dann zum Holiday-Motel, wo ich das grösste Zimmer beziehen konnte, das einzige noch verfügbare. Und hier hat es zum Glück wieder sehr gutes WLAN, im Gegensatz zu gestern, so dass ich meine weitere Reiseplanung nun noch vollenden konnte. Morgen geht’s früh raus!

Dienstag, 01.10.24 – Transfer zum Lake Superior

Heute war wie schon mal erwähnt Transfertag, südwestlich quer durch den Wald zum Lake Superior. Dies ist jetzt nicht irgend ein See in den Wäldern Kanadas, sondern einer der fünf grossen Seen im Grenzgebiet Kanada/USA. Geplant waren 448 Kilometer, geworden sind es dann mit allen Schlenkern genau 459,6 km. Doch zuerst konnte ich nach dem Zmorge und Auschecken pünktlich um neun Uhr noch die Ausfahrt des heutigen Polar Bear Express filmen, dies bei mässig bedecktem Wetter, immerhin wärmer als gestern und kein Nebel. Dann noch volltanken, und genau als ich starten wollte, fielen um halb Zehn die ersten Regentropfen. Passendes Wetter also zum Transferieren, man kommt gar nicht auf die Idee, noch irgendwo was Schönes Herbstliches anschauen zu wollen. Zum Glück war der Regen aber nie so stark, dass er das Fahren heftig beeinträchtigt hätte, leichter bis starker Nieselregen, der Scheibenwischer konnte immer in Intervallschaltung verbleiben. Die erste Etappe führte nach Timmins, dort wollte ich für unterwegs Proviant einkaufen, doch der angesteuerte Supermarkt in einem Einkaufszentrum war nicht ganz nach meinen Bedürfnissen ausgestattet, so kaufte ich nur das Nötigste, Früchte und Mineralwasser. Timmins war früher auch Zielort des Northlanders, den ich kürzlich erwähnt habe. Die glorreichen Zeiten sind vorbei, und Timmins verfügt heute über keine regelmässig befahrene Schienen-Infrastruktur mehr. Eine Zweigstrecke für Cargo-Züge führt noch bis in einen Nachbarort. Nächster Etappenort, knapp 100km weiter war Foleyet, hier überquerte mein Weg die Ost-West Transkontinentalstrecke der Canadian National CN. Nichts los am Bahnhof, nur der Baudienst rollte gerade mit dem Zweiweg-Truck Richtung Strecke. Deshalb gings gleich weiter zum nächsten Zwischenstopp in Chapleau, hier überquerte mein Weg die Ost-West Transkontinentalstrecke der Canadian Pacific CP. Die beiden konkurrierenden Güter-Magistralen führen mal näher, mal weiter voneinander entfernt, auch mit diversen Überschneidungen vom Atlantik quer durch den Kontinent und über die Rocky Mountains nach Vancouver an den Pazifik. In Chapleau hatte ich mehr Glück, es hielt gerade ein Triebwagen von VIA Rail am Bahnhof, als ich das Auto hinstelle, hornte er schon zur Abfahrt, trotzdem gelangen mir noch paar gute Bilder. Nachforschungen ergaben später, dass es sich um den etwa 30 Minuten verspäteten VIA-Zug 185 von Sudbury nach White River gehandelt haben muss. Der Zug fährt drei Mal wöchentlich pro Richtung. Da hatte ich also enormes Glück! Auf der letzten Etappe über 140 km von Chapleau nach Wawa überquerte ich dann noch ganz unverhofft die Wasserscheide zwischen Arktischem und Atlantischem Ozean, was mit einer Stele am Strassenrand markiert war. In Wawa bezog ich ein Zimmer im Big Bird Inn, ein aufgeräumtes Hotel/Motel, nur das WIFI ist grottenschlecht und nur in der Lobby brauchbar, mein Zimmer liegt zuäusserst in einem Seitenflügel und hat praktisch keinen Empfang. Dabei sollte ich mir heute mal noch Gedanken machen, was ich eigentlich mit meinen zwei Reservetagen anfangen will, und vielleicht mal etwas buchen. Hier im Hotel hängen viele schöne Bilder der Niagarafälle, eine Zufalls-Suche hat mir ausserdem gezeigt, dass in Niagara Falls für die Nacht Fr/Sa noch Hotelzimmer zu moderaten Preisen verfügbar wären. Also setzte ich mich nach dem Znacht bei einem Wikinger in die Hotellobby und machte eine Buchung, die ich hoffentlich nicht noch bereuen werde, ich tat mir nämlich noch zwei weitere längere Fahrstrecken an, nachdem dies heute so gut geklappt hat. Morgen noch wie geplant nach Sault Ste. Marie, dann geht es am Donnerstag entlang des Lake Huron noch etwa 200 km weiter südlich als ursprünglich geplant, nämlich bis Parry Sound. Von dort dann am Freitag in einem weiteren Langlauf zu den Niagara Fällen, wo ich mir für die letzte Nacht im Radisson ein Zimmer mit Wasserfallblick gebucht habe. Am Samstag habe ich dann alle Zeit, um von Niagara Falls bis zum Flughafen Toronto zu gelangen, wo ich das Auto bis 17.00 abgeben sollte. Mal schauen, ob wir das hinkriegen.

Montag, 30.09.24 – unterwegs mit dem Polar Bear Express

Kühl und neblig war es heute Morgen, obschon die Sonne schon durchdrückte nur etwa 5°! So packte ich vorsichtshalber noch Kappe und Halstuch ein, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof machte. Montag ist auf dieser Reise immer Eisenbahntag, rein zufällig. Letzten Montag war ich ja statt 22 sogar 26½ Stunden von Montreal nach Halifax unterwegs, heute wurde es nicht gar so extrem, nur fünf Stunden hin für die knapp 300 km nach Moosonee, und wieder fünf Stunden zurück. Da Moosonee auf der Strasse nicht erreichbar ist, fungiert der Polar Bear Express als multifunktionaler Versorger. Da ist einmal der Personentransport, sieben recht bequeme Wagen inklusive Speisewagen und Gepäckwagen, dazu ein Generatorwagen und eine Lok zur Stromversorgung. Dann zwei gedeckte Güterwagen für den Stückgutverkehr und schliesslich noch drei Flachwagen, auf welchen je vier Autos transportiert werden können, wovon rege Gebrauch gemacht wird. Die ganze Komposition wird von zwei weiteren Loks gezogen. Also total drei Loks im Zug, da kann nicht viel schief gehen. Pünktlich um 9.00 setzte sich der Zug in Bewegung, die Strecke geht erst nordwärts, dreht dann Richtung nordost bis Moosonee, das am untersten Zipfel der Hudson Bay liegt. Der Nebel bleibt und ich habe ein bisschen Angst, dass das von Dauer ist, da wir ja quasi runter auf fast Meereshöhe fahren werden. Wieder geht es vorwiegend durch Birkenwälder, oft entlang einer breiten Trasse von mehreren Hochspannungsleitungen. Der Nebel hatte sich inzwischen mit steigender Sonne doch verflüchtigt. Ausser ein paar Brücken, insbesondere jene über den Moose River, hat die Strecke keine grossen Highlights zu bieten. Moosonee erreichen wir fast 15 Minuten vorzeitig, da nicht alle Unterwegshalte (Flagstops = Halt auf telefonisches Verlangen) beansprucht werden. Bevor ich die Ortschaft erkunde, beobachte ich noch das Rangiermanöver mit den Autowagen zur Rampe, wo erst die beladenen Wagen für die Rückfahrt umgestellt werden müssen. Der nun wohl entlegenste Ort auf dieser Reise, empfängt einen mit einem mehrbesseren Güterschopf als Bahnhofgebäude und mit vielen staubigen Strassen und sonst gar nichts! Trotz Mittagssonne ist es windig kühl, zum Glück habe ich das Halstuch dabei. Der Ort ist dreckig, die Autos sind mit einer dicken Staubschicht überzogen und jedes vorbeifahrende Auto zieht eine riesige Staubwolke hinter sich nach. Auch hier ausser einem Spirituosenhandel(!) keine Gastronomie vorhanden, der einzige Supermarkt hat gerade geschlossen. Am schönsten ist es noch unten am Fluss, dem Moose River, wo ich es mir in einem kleinen Pärkli mit Sitzbänken gemütlich mache und dem regen Betrieb am Bootsanleger zuschaue. Es gibt Taxiboote zu den umliegenden Inseln, auch eine Fähre pendelt zur Moose Factory, der grössten Nachbarinsel. Irgendwie ist heute ein Feiertag, drum ist alles zu, wohl etwas Lokales. Dem Tagestouristen, der immerhin drei Stunden zwischen den zwei Zügen hier verweilen würde, wird wohl auch sonst leider nicht viel geboten. Gegen vier Uhr gebe ich dem Stedtli noch eine Chance und mache mich auf einem anderen Weg zurück zum Bahnhof, aber es wird nicht besser…. So schaue ich dem inzwischen wieder eifrigen Treiben auf dem Bahnhof zu, Grossgepäck und Stückgüter werden direkt am Zug entgegengenommen und abgefertigt. Taxis und Privatautos (eigentlich alles grosse Trucks) bringen die neuen Fahrgäste aus der Umgebung zum Bahnhof, Zubringer-öV gibts natürlich nicht. Wiederum überpünktlich um 17.00 startet der Polar Bear Express seine Rückfahrt nach Cochrane. Die Landschaft zeigt sich nun im Abendlicht von der schönsten Seite. Etwa nach halber Strecke wirds dunkel und Zeit fürs Znacht aus dem Speisewagen, Cabbage Rolls, eine Art Fleischvogel mit Kabis umhüllt, mit Kartoffelstock. Dank sehr gut funktionierendem WLAN (auch ohne Telefonnetz) kann man sich den Rest der Fahrt auch gut vertreiben. Um 21.42 (genau die gleiche Zeit inkl. Zeitverschiebung, an der ich letzten Montag in Halifax eingetroffen bin) erreichen wir wieder den Bahnhof Cochrane, wo es im Vergleich zu Moosonee auch um diese Zeit noch etwas wärmer ist. Eisenbahntag pur also heute, das Auto hatte mal Pause, wird dafür morgen fast doppelt als gewohnt beansprucht.

…und übrigens; seit 18:00 hiesiger Zeit stehe ich wieder unter Vertrag bei der BLS.

Sonntag, 29.09.24 – Der Bär

Irgendwas, nur nicht der Wecker weckte mich heute schon kurz nach sieben Uhr. Als ich kurz nach draussen schaute, setzte auch die Sonne auf der anderen Seite des Sees gerade zum Aufstehen an. Also Vorhänge auf und zurück ins wohlige Bett, und dann konnte ich sehr ausgiebig einen Sonnenaufgang vom Feinsten geniessen, wunderbar! Später holte ich mir das Zmorge an der Reception ab, mangels Gaststube muss man hier nämlich im Zimmer zmörgele. Nach dem Zusammenpacken startete ich so gegen zehn Uhr weiter Richtung Norden, in New Liskeard wurde erstmals nachgetankt. Auch heute konnte ich mir wieder einige Schlenker über Nebenstrassen, statt der langweilig geraden Highway erlauben, erstes Zwischenziel war Larder Lake am gleichnamigen See. Wieder ging es durch Landwirtschaftsgebiet und grosse Wälder. In so einem Wald hatte ich an einem Tümpel namens Benson Creek kurz angehalten und ein paar Herbstfotos versucht, kurz nach der Weiterfahrt sah ich dann ein schwarzes Tier weit vorne am rechten Strassenrand und traute meinen Augen nicht, es war tatsächlich ein junger Bär. Den hätte ich jetzt in den Rocky Mountains erwartet, aber sicher nicht hier, wo draussen vor den Wäldern noch grössere Herden Vieh weiden! Ich setzte den Warnblinker, bremste vorsichtig ab und konnte dann mit dem Teleobjektiv zwei, drei gar nicht schlechte Bilder machen, ehe sich von der Gegenrichtung ein Auto näherte (ausgerechnet jetzt, wo einem sonst 20 Minuten lang keiner entgegenkommt!) und der Bär sofort im Dickicht verschwand. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich ja paar hundert Meter weiter vorne mal ausgestiegen war und dem Tier durchaus auch dort hätte begegnen können. Mit dem Bewusstsein, dass ich wohl gerade das Highlight des Tages erlebt hatte, fuhr ich weiter nach Larder Lake, eine kleine hübsche Ortschaft am See. Erst viel später tauchten dann auch noch Schilder auf, die bewusst machen sollten, dass man sich in Bärenland befindet. Und auch Elchschilder hat es seit Toronto immer und überall, doch ein Elch ist mir noch keiner begegnet. Nächster Zwischenstopp war Iroquis Falls, eine Ortschaft mit Holzfällervergangenheit, was auch entsprechende Waldbahnen benötigte. Daher wusste ich, dass dort am Rande des Dorfparks und weitab aller Gleise noch eine ehemalige kuriose Waldbahn-Dampflok aufgestellt ist, die ich mal begutachten wollte. Die Lok wird mittels Zahnräder und Kardanwellen angetrieben (Shay-Technik) und ist so für die kurvigen Waldstrecken sehr gelenkig gebaut. Sie stand da am Rande des Parks und sah ziemlich verlassen aus. Letzte Etappe zum Ziel in Cochrane, wo ich mich erst mal am Bahnhof umschaute, um zu erfahren, was mich dann am Montag erwartet. Und wieder traf ich auf einen Bär, diesmal ein Eisbär aus Stein, in der Stadt finden sich noch weitere Eisbären-Monumente, so auch ein Kreiselbär. Zu spät entdeckte ich, dass man hier in einem Habitat gleich neben dem Bahnhof auch noch zwei leibhaftige Eisbären besuchen könnte, doch die Einrichtung war gerade am Schliessen, als ich kurz vor 17 Uhr dort vorfuhr, schade. Also halt ins gebuchte Travelodge-Motel, eine Notlösung, weil keine andern besseren Hotelzimmer verfügbar waren. Für meine Pläne hier reicht es jedoch vollkommen, bin ja morgen den ganzen Tag unterwegs. Auch gastronomisch wirds immer schlimmer, kein anständiges Restaurant im Ort, das geöffnet hat. Ich habe schon Freude, als ich noch ein Pizza Hut finde, doch die verkaufen auch nur TakeAway. So gibt es halt heute Meatlovers und Salat zum Znacht im Motelzimmer.

Samstag, 28.09.24 – von See zu See

Das ist gar nicht so schwierig, denn in dieser Gegend von Ontario reiht sich See an See, und alle haben einen Namen. Schwieriger ist dann, die lauschigen und schönen Ecken für die Erinnerungsfotos zu finden, das kann durchaus nicht immer erfolgreich sein und benötigt viel Zeit. A propos Zeit: Meine Tagesetappen habe ich nach einem bestimmten Schema geplant, ich kenne mich ja inzwischen, hier noch ein Lookout, dort ein kleiner Umweg, und plötzlich ist man am Ende des Tageslichts noch weit vom eigentlichen Ziel entfernt. Und bei Dämmerung oder Nacht hier überland Auto zu fahren, möchte ich tunlichst vermeiden, schon nur wegen der Gefahr von Kollisionen mit Tieren. Da liegt allerhöchstens die Fahrt im Ortsgebiet vom Hotel zur gewählten Gaststätte fürs Znacht und zurück drin.

So plane ich Etappen von maximal ca. 250-300 km täglich, die auf direktem Weg in etwa drei bis vier Fahrstunden zu bewältigen wären. So hat man dann noch genügend Zeitpuffer für Ausschweifungen.

Heute gings also weiter nordwärts auf der Trans Canada Highway 11 erst mal bis North Bay, wo ich um die Mittagszeit eintraf. North Bay liegt am Lake Nipissing und ist die Basis der Ontario Northland Railway ONR, die hier ihren Hauptsitz hat und auch in der Schweiz bekannt ist, weil sie vor längerer Zeit mal über mehrere Jahre ehemalige Diesel-TEE-Züge von SBB und NS eingesetzt hatte. Die Blütezeit dieser Züge, die einst sogar ab Toronto verkehrten, ist längst vorbei, am Montag werde ich noch auf einem Fragment der ursprünglichen Strecke fahren. In North Bay selber gibt es keine Spuren mehr von Personenverkehr auf der Eisenbahn, das ehemalige Bahnhofsgebäude an der Bayfront ist nun ein Ortsmuseum, die Bayfront hinter den Gleisen selbst aber wunderschön gestaltet und zum verweilen einladend. Was ich denn auch tat.

Nach der Mittagspause gings von North Bay noch etwa 140 km weiter nördlich nach Haileybury. Dieser kleine Ort liegt am Lake Temiskaming. Dieser See wird vom Wasser des Ottawa Rivers durchflossen, der dann noch Hunderte Kilometer weiter und viel später auch durch die Hauptstadt fliesst. Ausserdem verläuft in der Mitte des Sees die Grenze zwischen Ontario und Quebec, drüben am anderen Ufer reden sie also Französisch. Eigentlich hatte ich in der nächsten grösseren Ortschaft New Liskeard nach einer Unterkunft gesucht, wurde aber nicht fündig, dafür eben in Haileyburry, wo mir das Beach Motel auffiel, direkt am kleinen Hafen gelegen. Als ich ankam wars im Ort sehr ruhig für einen Samstagnachmittag. Das Motelzimmer ist natürlich nicht Hilton-Standart, aber noch mit allem Wesentlichen liebevoll ausgestattet. Es gibt im Ort nur noch ein zweites Motel, oben an der Hauptkreuzung. Die Suche nach einem Restaurant erwies sich als überflüssig, es gibt keins! Da ich aber Hunger hatte, fuhr ich recht früh rüber nach New Liskeard, wo sich zunächst auch nichts Schlaues fand (seit Corona haben sich hier offenbar viele Gaststätten aufs Take-Away-Liefern reduziert). Doch dann wurde ich auf das Waterfront Inn aufmerksam, ein ***Hotel mit angeschlossenem Restaurant 28 on the lake mit Terrasse direkt am See, wo sich die Abendstimmung geniessen liess. Beim Warten auf den leckeren Lachs fragte ich mich, warum mir dieses Hotel beim Recherchieren nicht aufgefallen ist. Tatsächlich ist es schwierig zu finden, weil nicht bei booking.com angeschlossen, sonst wäre ich wahrscheinlich von Anfang an dort gelandet. Doch mein jetzt gebuchtes Motel wird auch noch Erfreuliches bieten, siehe morgen…

Freitag, 27.09.24 – stufenweise nordwärts

Mein Gepäck blieb noch im Hotel, während ich mich am Morgen vom Shuttlebus wieder zurück zum Flughafenterminal fahren liess. Dort suchte ich die Mietwagenausgabe und erhielt von AVIS dann nicht ganz den gewünschten Intermediate-Typ ausgehändigt, sondern ein kleines Mitsubishi SUV RVR. Nun gut, dafür ist es schön blau métalisé und hat 4×4. Nach der eingehenden Instruktionsphase im dunklen Parkhaus traute ich mich raus ins Gewusel des Airport-Verkehrs, und im zweiten Anlauf schaffte ich es auch, die Zufahrt zum Hotel zu erwischen. Dort holte ich den zwischengelagerten Koffer, richtete nun bei Tageslicht noch das Auto anständig ein, gab einen Zielpunkt im Norden ins Navi ein und los gings. Von Toronto, bzw. von der Gegend des Flughafens gibt es mindestens vier parallele Strassenzüge Richtung Norden. Ganz rechts die Highway 400, die Autobahn, paar Kilometer links daneben die Hauptstrasse 27, auch noch mindestens vierspurig aber mit vielen Kreuzungen, dann noch zwei oder drei lokale Strassen, die aber teils ausserhalb der Ortschaften bereits in Gravelroads übergehen. Und wenn es nun auf einer Route eine Blockade gibt, werden die anderen logischerweise durch den Umwegsverkehr zusätzlich belastet. So geschehen auch bei mir. Als ich Richtung Highway 400 startete, war der Weg noch frei, dann gab es dort einen Unfall mit Stau und man wurde auf die Hauptstrasse verwiesen, wo es kurze Zeit später natürlich auch staute. Ich wählte von Anfang an den Weg zwei Reihen weiter westwärts und fand mich dann tatsächlich auf einmal auf einer Schotterpiste wieder, nun konnte sich mein kleiner Geländewagen erstmals beweisen. Es ging bis auf Höhe von Barrie, etwa 120 km nördlich von Toronto, dort dann wieder auf die normale Route, wo hier jetzt auch weniger Verkehr floss. Da ich immer noch genügend Zeit hatte, wählte ich statt dem direkten Weg auf der Trans Canada Highway 11 nach Huntsville noch einen kleinen Umweg über die weniger befahrenen Highways 400 und 141-3 über Rosseau. Mit noch einem kleinen Abstecher zu einem Aussichtspunkt auf Stadtgebiet von Huntsville erreichte ich schliesslich dass Holiday Inn express am Stadtrand etwa um halb Fünf. Dennoch war mein Zimmer noch nicht bereit, es war viel Betrieb im Hotel, Freitag halt. Nach zehn Minuten Wartezeit konnte ich dann meine Siebensachen im Zimmer verstauen, bevor es im letzten gleissenden Abendlicht nochmals ins Städtchen ging, dessen Hauptstrasse kulinarisch nicht viel zu bieten hat aber sehr reizvoll anzusehen ist. So ging es zum Znacht dann ins Swiss Chalet nähe des Hotels, und ich kann sagen, das einzige Schweizerische dort ist der Name, und zu jenem Zeitpunkt noch gerade der Gast, der gerade bei einem lokalen Bier auf sein Quarter Chicken Dark Meat Dinner gewartet hat…

Donnerstag, 26.09.24 – Downtown Halifax, und dann weiter nach Toronto

Ein gedrängtes Programm sollte das heute noch werden. Es ist zwar Abreisetag, doch der Flug nach Toronto geht erst am späteren Nachmittag und so gibts vorher noch einen kurzen Abstecher in die City. Umständehalber aber nicht mit dem Auto, das lasse ich erst mal beim Best Western Hotel stehen, nachdem ich gleich nach dem Morgenessen ausgecheckt hatte. Ich hatte da noch eine Tageskarte der Verkehrsbetriebe Halifax, so nahm ich von der Haltestelle unterhalb des Hotels den nächsten Bus, der über die eine grosse Brücke direkt in die Innenstadt fährt. Dort gings dann zu Fuss erst mal zur Zitadelle hoch. Schöner Rundblick, mich interessierte aber mehr das „Clockhouse“, ein Uhrenturm der am Fuss der Festung steht, leider an einer Lage, wo es schwierig ist, das Gebäude passend zu fotografieren. Es gelang aber doch einigermassen, danach wanderte ich weiter hinunter zum Hafen, wo doch schon viele Touristen unterwegs waren. Kein Wunder, denn weiter vorne hatten zwei Kreuzfahrtschiffe festgemacht, ein drittes ankerte in der Bucht. Viel Betrieb also an der Bayfront, ich nahm aber jetzt von hier eine Fähre zurück hinüber nach Dartmouth, die ist auch im Tarifverbund, und vom Wasser aus gabs noch ein paar gute Fotos vom Hafen und der einen Grossbrücke. Vom Ferryterminal gings mit dem Bus zum Bridge Terminal, von wo ich wieder die ursprüngliche Linie zurück zum Hotel nahm. Dort angekommen hatte ich immer noch eine gute halbe Stunde Zeitreserve und noch einen letzten Punkt auf dem Plan. Beim Stöbern auf der Karte war mir nämlich bei der oberen, neueren Grossbrücke der Shannon Park Lookout aufgefallen, den wollte ich jetzt mit dem Auto noch anfahren. Das Navi führte mich aber direkt aufs Gelände der Basis der Küstenwache und des Ozeanografischen Instituts, wegen Bauarbeiten an der Zufahrt war in dieses sonst abgesperrte Gebiet auch einfach reinzukommen, und niemand hat mich daran gehindert, einen Parkplatz zu suchen, den es jedoch nicht gab. Auch den Zugang zum Lookout fand ich auf Anhieb nicht, überall nur hohe Zäune. Nach erneutem Kartenstudium erkannte ich dann, dass der Eingang zum Shannon Park wohl an einer Parallelstrasse etwas weiter drüben liegen musste, und so war es auch, dort hatte es dann sogar auch Parkplätze. Nach der Sucherei war ich aber jetzt doch ganz leicht in Zeitnot, es reichte gerade noch, die 600m vom Parkeingang zum Lookout zu laufen, dort ein paar Fotos zu machen und dann wieder zurück, denn ich musste auf dem Weg zum Flughafen noch irgendwo tanken. Das war dann aber rasch erledigt und so erreichte ich die Mietwagen-Rückgabe noch innerhalb der vorgegebenen Zeit. Dank Inlandflug gab es eine etwas speditivere Einsteigeprozedur, der Flieger war auch schon da, (von London!, also Air Canada fliegt London-Halifax-Toronto mit Boeing 737-MAX, wie kurios) für den Flug nach Toronto wurde er aber dann auch recht voll. Rechtzeitiger Abflug, wir gewannen bis Toronto wieder eine Stunde zurück. Ein Shuttlebus, auf welchen ich gar nicht lange warten musste, fuhr mich nur etwa anderthalb Kilometer rüber zum Hilton Garden Inn. Ich bleibe gleich in der Nähe des Flughafens, weil ich morgen hier den neuen Mietwagen beziehe und dann eh Richtung Norden abhusche. Mangels Alternative gabs nun noch etwas Znacht, also einen feinen Burger im Bistro des Hotels.

Mitwoch, 25.09.24 – geschichtsträchtige Orte

Nun gings auf die andere Seite von Halifax an zwei geschichtsträchtige Orte mit dramatischem und doch sehr unterschiedlichem Hintergrund. Zuerst besuchte ich den Fairview Lawn Cemetry, wo sich eine Gedenkstätte für über 150 Opfer des Titanic-Untergangs von 1912 befindet. Auf der Karte fand ich zwar den Friedhof, jedoch nirgends einen passenden Parkplatz dazu, also ging ich mal schauen. Vor Ort konnte ich dann zu meiner Überraschung feststellen, dass man da einfach mit dem Auto in den Friedhof hineinfährt und es dann dort, wo man hinwill, an den Strassenrand stellt. Sehr ungewöhnlich. Es kamen sogar Touristen mit einem Taxi dorthin. Die Titanic-Gedenkstätte ist eine Aufreihung von Grabsteinen verschiedener Grösse in der stilisierten Form eines Schiffsbugs, es hat auch Steine für unbekannte Opfer und für Personen, deren Leichen nie gefunden wurden. Nach dem kurzen Innehalten fuhr ich dann weiter etwa 60 km an die Westküste nach Peggys Cove, ein schmucker Fischerort mit einem noch schmuckeren Leuchtturm, der meist fotografierte Kanadas, sagen sie dort. Meist fotografiert heisst natürlich auch, viele Touristen, die sich dort tummelten. Und mittendrin einer, der auf einem weissen Alphorn bekannte Klänge spielte, ich traute meinen Ohren nicht. Dudelsack in Nova Scotia geht ja noch, aber Alphorn? Eigentlich wollte ich ihn fragen, ob er Schweizer sei, doch der Typ wurde dermassen von amerikanischen Touristinnen für Selfies und so in Beschlag genommen, dass ich darauf verzichtete. Der kleine Leuchtturm ist auf einen riesigen Granitfelsen gebaut, von denen es in der Umgebung unzählige hat. Zum Glück hatte ich die Trekkingschuhe angezogen, denn das Herumlaufen auf diesen grossen Felsen war recht tricky. Auch im Dorf selber finden sich einige sehr fotogene Ecken. Nachdem ich genug gesehen hatte und vom nahen Restaurant der Geruch von Fish&Chips rüberwehte, meldete sich bei mir der Hunger, und da es schon einige Zeit nach Mittag war, hatte es auch genügend freie Plätze im Restaurant. Die Portion Fish&Chips, die mir dann vorgesetzt wurde, war riesig aber zugleich wohl die beste, die ich je genossen habe! So gut, dass ich leider auf einen weiteren Besuch des Moxies zum Znacht verzichten musste.

Peggys Cove wurde dann auch bei uns bekannt, als im September 1998 Swissair Flug 111 beim Not-Anflug auf Halifax in die St. Margarets Bay abstürzte, niemand überlebte. Zum Erinnerung an die Opfer und Helfer wurde an der Felsküste etwa ein Kilometer ausserhalb von Peggys Cove eine Gedenkstätte errichtet. Zusammen mit einer weiteren Stätte in Bayswater etwa auf gleicher Höhe auf der anderen Seite der Bay (von deren Existenz ich hier erstmals erfuhr) und dem Absturzort im Meer bildet sie ein annähernd gleichschenkliges Dreieck. Wenn man nun den eingemeisselten Linien entlangschaut, blickt man so ungefähr Richtung Unglücksstelle. Davon beeindruckt beschloss ich spontan, auch weil ich noch genügend Zeit hatte, die 60 km um die St. Margarets Bay zu fahren, und auch noch die andere, Luftlinie ca. 11 km entfernte Gedenkstätte zu besuchen. Sie ist ähnlich aufgebaut, zwei grosse Steinplatten entlang der beiden Dreieckslinien kurz bevor sie zusammenlaufen. Hier sind jedoch noch die Namen aller 229 Opfer in Stein gemeisselt.

Zurück nach Halifax gings dann auf direktestem Weg im Hinterland, statt auf der Strasse entlang der zerklüfteten Küste. Erstmals waren heute Nachmittag auch mal Regentropfen im Spiel, allerdings sehr zurückhaltend. Wegen viel Zmittag gabs am Abend wie gesagt kein Znacht, nur Snacks, und dann war mal wieder Büroarbeit angesagt…

Dienstag, 24.09.24 – von Strand zu Strand

Heute musste als erstes der Mietwagen am Flughafen abgeholt werden. Zum Glück habe ich den Mietbeginn erst auf 11 Uhr gebucht, so dass ich nicht zu früh aufstehen musste. Und Zmorge gabs ja schliesslich auch noch. Gegen Zehn machte ich mich auf zur Bushaltestelle unten an der Hauptstrasse. Mit einmaligem Umsteigen an einem zentralen Busterminal, wo verschiedene Linien zusammen stossen, erreichte ich etwa nach einer dreiviertel Stunde den Flughafen, weit ausserhalb von Halifax. Das Auto war rasch ausgehändigt, ich erhielt einen weissen Nissan Versa, kleines Wägeli, reicht für die nächsten zwei Tage. Als ich vor etwa 35 Jahren Auto fahren lernte, hatte ich meine Lehrfahrstunden auf einem Nissan. Später ist diese Marke aber irgendwie aus Europa verschwunden, für den nordamerikanischen Markt existiert sie offenbar noch. Dann zurück ins Hotel, mal ein wenig im Gepäck aufräumen und schliesslich auch mal Einkaufen in einen WalMart in der Nähe. Früchte, Wasser, Snacks, so langsam bin ich ausgerüstet. Für die Angewöhnungs- und Probefahrt habe ich mir einen Ausflug zum Laurencetown Beach Park rausgesucht, ich musste nach langer Zeit wieder mal Meer sehen! Nun, der Strand war sehr steinig dank grossen Kieselsteinen, Sand war Mangelware, was aber die vielen anwesenden Surfer nicht störte, für diese waren die Wellen wichtiger. Und solche hatte es auch, trotz vergleichsweise schwachem Wind. Ich spazierte ein wenig dem Wasser entlang, genoss die salzige Luft, eine Wohltat für meine geschundene Nase. Später fand ich heraus, dass es paar Kilometer weiter auch noch den Martinique Beach gibt, und so wie der auf der Karte aussah, musste das ein Sandstrand sein, war es auch. Hier blieb ich noch ein bisschen länger nahe dem Meeresrauschen, dann gings zurück. Und heute doch auch schon fast 170 km gefahren. Fürs Znacht hatte ich mir das Grill-Restaurant Moxies nahe des Hotels ausgesucht, das mir schon bei der Anfahrt aufgefallen ist. Es gab Caesar Salad und leckere Chipotle Mango Chicken, so fein, dass ich beschloss, morgen wieder zu kommen und was anderes von der Menukarte auszuprobieren.

Montag, 23.09.24 – The Ocean

So heisst unser Zug 14, denn er fährt ja von Montreal erst dem St. Lorenz-Strom entlang nordöstlich und dann in einer grossen Schlaufe durch New Brunswick südwärts nach Nova Scotia (Neuschottland) nach Halifax an den Atlantik.
Als ich nach wirklich gutem Schlaf erwachte, stellte ich fest, dass wir unserem Fahrplan nun schon etwa zwei Stunden hinterherfuhren, Informationen dazu gabs keine, auch nicht, ab wann man neun Wagen weiter vorne das Frühstück erhalten kann. Dies, nachdem am Vorabend die Nachtessens-Ausgabe eigentlich durchgetaktet organisiert war.
Es ging durch Wälder, Ahornwälder, Birkenwälder, ich fühlte mich fast ein wenig wie in Schweden. Irgendwann hielt der Zug auf offener Strecke an, auf der anderen Seite hörte ich Autoverkehr (Nachteil dieses Schlafwagens, man sieht aus dem Abteil nicht auf die andere Zugseite), ich hatte herbstliche Aussicht auf einen Flusslauf. Da im Abteil nebenan die Wagenbegleiterin hauste, hörte man zwischendurch über den eingeschalteten Funk in einem Slang aus Englisch und KanadischFranzösich bruchstückhaft, was vor sich geht, offizielle Info immer noch gleich Null. Ich hörte nur was von „Equipe sei unterwegs“ und befürchtete schon irgend einen Schaden an Gleis oder Zug. Als dann mal ein Begleiter vorbeihuschte, fragte ich ihn. Das Problem war anders gelagert: Lenkzeitbeschränkung/Arbeitsende für die Lokführer, die halten dann einfach mitten auf der Strecke an und machen Feierabend. Die Ablösung vollzog sich dann mittels Schiene-/ Strassenfahrzeug in Form eines Pickups der CN, ob der uns jetzt aber auf der Schiene oder auf der Strasse entgegengefahren ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Nach etwa 40 Minuten gings dann endlich weiter, der nächste Haltebahnhof wäre eigentlich nur ca. zehn Minuten entfernt gewesen… Die Strecke dort in der Pampa durch die Wälder hat ausserdem offenbar viele Langsamfahrstellen und ist nicht in bestem Zustand. Von den 120 bis 140 km/h, die wir am Vorabend im Korridor Montreal-Quebec manchmal erreichten, waren wir hier weit entfernt. 50 bis 60 km/h waren das höchste der Gefühle, manchmal über längere Abschnitte aber auch nur Schritttempo. Irgendwann kam der einzige und letzte Aufruf zum Morgenessen, das ich dann doch noch bekam. In Campbelltown wurden die Loks nachgetankt und man durfte erstmals offiziell auch paar Minuten aussteigen und den Zug von aussen betrachten, nach vorne zu den Loks konnte man allerdings nicht gehen, da wachten die Begleiter sehr gut darauf. Bei Beginn der Weiterfahrt mit inzwischen gegen drei Stunden Verspätung dann erstmals entschuldigende Worte über den Bordlautsprecher, so im Sinne, dass wir nun das Schlimmste überstanden hätten, denkste…

Da ich spät Zmorge bekommen hatte und es am Abend sicher auch spät werden würde, habe ich mich dann für die letzte Schicht Mittagessen um 15 Uhr angemeldet (wir haben noch eine Stunde Zeitdifferenz zwischen Quebec und Neu Braunschweig/Neu Schottland). Gerade als ich mich wieder in den Speisewagen durchkämpfe, kommen wir in Miramichi an, und wieder gehts nicht weiter, wieder keine Info. Ich kann das ganze Zmittag im stehenden Wagen ohne Geschaukel geniessen. Diesmal ist der Grund nach weiteren 45 Minuten dann aber sehr offensichtlich, auf der Linie hat es nämlich auch noch Güterverkehr, und so ein langer Zug mit drei Loks, etwa hundert Wagen, zwei weiteren Loks und nochmals etwa 35 Wagen kommt uns auf der einspurigen Strecke nun entgegen, die nächste geeignete Kreuzungsstation wäre wohl weiter weg. Die Gegend wird jetzt flacher, viele Wasserläufe. In Moncton wird nochmals nachgetankt, doch je näher wir Halifax kommen – mittlerweile mit viereinhalb Stunden Verspätung – umso schneller ist der Zug nun wieder unterwegs. Ich informiere schon mal mein Hotel telefonisch über mein late arrival, noch nicht wissend, wie ich dann die etwa 8 km vom Bahnhof zum Hotel bewältigen würde. Vorgesehen war es mit dem öV mit zwei Buslinien, doch mittlerweile werden wir so spät ankommen, dass da fast keine Busse mehr in diese Richtung fahren. Tinu empfiehlt mir aus der Ferne das Runterladen der Uber-App, doch die fahren nur zum Flughafen, aber ich sage mir, in einer 350‘000 Einwohner-Stadt wird es wohl das eine oder andere Taxi geben (dachten sich übrigens viele andere auch…). Gegen 22.45 fahren wir dann endlich süüferli in den Kopfbahnhof von Halifax ein. Glücklich sind nun jene, die kein Gepäck eingecheckt haben und gleich zum Taxistand durchgehen können. Ich verschaffe mir mal einen Überblick, Taxis gibts, doch alle anwesenden scheinen bereits reserviert oder bestellt zu sein. Nach etwa 20 Minuten bekommen wir Zurückgebliebenen dann auch noch unser Gepäck am Band, am inzwischen leeren Taxistand warten etwa noch 20 Personen, und jemand hat dann die grandiose Idee, bei der grössten Gesellschaft einfach mal Taxis für alle zu bestellen. Die tröpfeln auch nach und nach ein, man organisiert sich in Gruppen für Sammeltaxis, doch ich habe natürlich keine Ahnung, in welche Himmelsrichtung ich mich jetzt anschliessen soll. Einer der Fahrer erkennt meine Unschlüssigkeit und fragt nach dem Hotel, die zwei Damen, die er schon eingeladen hat, wollen in die selbe Richtung, und so darf ich dann zu einem ansprechenden aufgeteilten Preis auch noch dort mitfahren, manchmal muss man auch Dusel haben. Und so erreiche ich dann um halb Zwölf, 45 Minuten nach Ankunft des Zuges mein Best Western Hotel. Ein Bus wäre später tatsächlich noch gefahren, doch mit dem wäre ich erst lange nach Mitternacht nur einigermassen in die Nähe meiner Unterkunft gekommen…. Ein langer Tag geht zu Ende, statt 22 warens dann etwa 26einhalb Stunden Zugfahrt! Das reicht für den Moment.

Sonntag, 22.09.24 – Mont Royal

(kein Schreibstau, nur fast keine Zeit, all die Eindrücke zu verarbeiten)

Nun, vom Marathon hat man in der Tat nicht viel gemerkt, nur einzelne Buslinien in der zentralen Einfallachse fielen aus, ich hatte mir das schlimmer vorgestellt. Ich schlief nochmals lange, packte dann meine Sachen und checkte gegen elf Uhr im Hotel aus, den grossen Koffer liess ich noch hier eingestellt. Bei einem nahem Bagel-Laden gabs dann erst mal einen Brunch, bevor ich den direkten Weg auf den Mont Royal unter die Füsse nahm. Man kann nämlich auch hier rauf aus der Stadt auf den Hausberg. Der direkte (Fuss-)Weg führt über ein langes Treppensystem, Le Grand Escalier du Mont Royal (diverse Informationen über die Anzahl Stufen, laut Wikipedia 525), bis hoch zum Chalet, dem „Berghaus“. Der lange Aufstieg wird mit einer tollen Aussicht über die City belohnt. Wir waren 2001 auch schon hier, aber wahrscheinlich hintenrum mit dem Auto hochgefahren. Hinter dem Chalet lädt ein grosser Park zum Verweilen, verschiedene Spazierwege führen dann noch zum „Gipfel“, wo ein grosses eisernes Kreuz steht. So bummelte ich dort den halben Nachmittag lang durch die Wälder, machte mich dann später wieder an den Abstieg, der viel weniger anstrengend war, als obsi. Wieder unten in der City angekommen belohnte ich mich erstmal mit einem erfrischenden Pint Bier aus lokaler Brauerei. Ich hatte noch etwas Zeit, meine Wochenend-öV-Karte aufzubrauchen und fuhr noch bis zum Ende der Grünen Linie und zurück. Dann wurde es aber Zeit, im Hotel den Koffer zu holen, damit gings gleich zur nahem Gare Centrale, wo mein Zug nach Halifax um 18.30 abfahren sollte. Ich meldete mich in der VIA-Lounge, fragte, wie das nun mit dem Gepäck aufgeben sei und wurde zur Gepäckabgabe auf der anderen Seite der Bahnhofhalle geschickt, dort konnte ich den grossen Koffer freiwillig einchecken, da mein Abteil wohl etwas eng sein wird. Zurück in der Lounge konnte ich auch noch gleich meinen Wunsch fürs Nachtessen platzieren, gleich um 19.00, ich hatte Hunger. Doch dann hatte Zug 14 schon mal eine halbe Stunde Verspätung wegen delayed Boarding, dabei waren die, die eigentlich boarden wollten, ja schon längst da. Zuerst wurden aber noch zwei andere Züge nach Toronto und Quebec zur Abfahrt aufgerufen (man muss in der Lounge bleiben bzw. in der Warteschlange vor dem Abgang zum Perron, um zu erfahren, wann der Zug bereit ist) es verblieben ein paar wenige Passagiere in der Lounge, die sich langsam fragten, ob man sie vergessen hat, da keine ausreichende Info erfolgte. Dann wurde Zug 14 aber doch aufgerufen, und ich durfte dann noch bis ganz vorne laufen, um meinen Wagen 41 zu erreichen. Das Abteil ist wirklich klein und kompakt, hat aber alles praktisch und ausklappbar eingebaut, und auch der grosse Koffer hätte eigentlich Platz gehabt, wenn mans gewusst hätte…

Los gings dann mit etwa einer Stunde Verspätung gegen 19.30, und statt das Abteil einrichten zu können, wurde ich gleich in den Speisewagen zum Souper von 19.00 gebeten. Also füllte ich mir zuerst den Magen mit einem feinen Braten, Gemüse und Dessert, um nach dem Rückmarsch durch neun Wagen vom Speise- bis zu meinem Schlafwagen endlich mal zu erkunden, was das Abteil alles zu bieten hat. Ausklappbares Bett, ausklappbares Waschbecken, ein WC, das aber bei ausgeklapptem Bett nicht benützbar ist (für mich der manchmal nachts auch mal müsste…), dazu doch noch recht viel Stauraum, Rucksack und Koffer hätten gerade Platz, Strom fürs Handy hats auch und verschiedene helle oder diffuse Beleuchtungsstufen. Der Wagen selber mit seinen verschachtelten Schlafabteilen in drei verschiedenen Tarifstufen (Einzel, Doppel oder offene) ist aber ein alter Amerikaner, schätze mindestens 30jährig. Interessanterweise besteht die hintere Hälfte des Zuges dann aus Wagen, die ursprünglich von British Rail für Nachtzüge durch den Kanaltunnel bestellt worden sind, die aber dort nie zum Einsatz kamen, weil es aus verschiedensten Gründen im Eurotunnel gar nie Nachtzüge gegeben hat. Wäre ja zu schön, mal von Kontinentaleuropa im Nachtsprung mit dem Zug nach London, oder nach Paris und umsteigen und direkt nach Schottland (ich träume weiter…) Die Wagen hat VIA rail, die Kanadische Bahngesellschaft für den Personenverkehr, übernommen und setzt zumindest die doch komfortablen Sitzwagen nun im „Ocean“ ein. Der Speisewagen gehört auch dazu.

Ich blieb noch etwas wach, wollte beobachten, wie das so beim Zwischenhalt in Ste Foy vor sich geht. Dort zweigt der Zug nämlich von der Strecke ab und fährt über eine Brücke auf die andere Seite des St. Lorenz-Stroms, wo er im Vorort Ste Foy die Reisenden aus Quebec aufnimmt. Dann muss er die Fahrrichtung wechseln und wieder über die Brücke zurück auf die Hauptlinie. Es hat dort auch eine Verbindungslinie, so dass man direkt weiterfahren könnte. An der Abzweigung wurden wir schon von einem Bautrupp erwartet, der sich anscheinend aufmachte, gleich nach unserer Durchfahrt auf die Strecke zu gehen. Ich freute mich schon auf einen Fahrrichtungswechsel, denn seit Montreal war ich in meinem Abteil sitzend rückwärts gefahren, dass müsste jetzt nicht die ganzen 22 Stunden so bleiben. Nachdem die Passagiere eingestiegen waren zog der Zug noch in die falsche Richtung vor, um den Weichenbereich abzudecken, dann erwartete ich eigentlich das Umfahren der Loks, doch kurz darauf setzte er sich rückwärts in Bewegung. Wie der Zug mit Loks bespannt war, konnte man leider weder in Montreal noch in Dunklen draussen feststellen; vielleicht hatten wir ja für diesen speziellen Fall beidseitig eine angehängt, dachte ich. Nun ging es also etwa 7 km, fast eine Viertelstunde rückwärts wieder über die lange Brücke, die Verbindungslinie wurde links liegengelassen (mir schwante Böses), bis hinter die Abzweigweiche, die wir bei der Anfahrt schon mal befahren hatten, dort wechselte wieder die Richtung und nach einem kurzen Halt ging es, so wie wir gekommen waren, weiter Richtung New Brunswick. Die ganze Übung dauerte eine knappe Stunde und war nicht unbedingt dem Aufholen der bereits mitgebrachten Verspätung förderlich… Ich hatte genug gesehen und legte mich schlafen und schlief recht gut.

Samstag, 21.09.24 – Montreal

Nach dem sehr langen Tag gestern schlief ich heute einfach, solange es schlief. So gegen 11 Uhr wurde ich wieder munter. Mein erster Plan für heute war eigentlich, ein wenig mit Regionalzügen (Commuter Trains) die Umgebung von Montreal zu erkunden. Ein paar Hundert Meter vom Hotel weg starten in einem Vorortsbahnhof gleich drei der Regionallinien. Dieser Bahnhof ist allerdings gegenwärtig eine Grossbaustelle (dies schon seit einiger Zeit, denn eigentlich dachte ich, er sei längst wieder in Betrieb), und die Züge starten weiter draussen am nächsten Zwischenbahnhof, der aber gut mit der Métro erreichbar ist, was ich dann auch tat. Dort dann die nächste Ernüchterung: Auf der einen Linie fahren Sa/So gar keine Züge auf den anderen beiden nur einmal drei und einmal vier Zugspaare am (Sams)Tag (!), mit teilweise stundenlangen Übergängen an den Endbahnhöfen, was einem zügigen Vorankommen nicht sehr förderlich ist. Also verwarf ich diesen Plan und fuhr mit der Métro zurück, und zwar bis in die Nähe von Vieux Montreal, der Altstadt sozusagen, davor der Vieux Port, also der alte Hafen am St. Lorenzstrom. Als ich den letzten Höhenzug von Montreals etwas hügeliger Topographie erklommen hatte und zum Hafen runterblickte, kam es mir plötzlich wieder bekannt vor. Wir waren ja im Jahr 2001 fast zur gleichen Zeit Ende Sept/Anfang Okt hier, ich wohne offenbar sogar im selben Hotel, wie damals, was mir bei der Buchung gar nicht bewusst war. Und nun die Hafenpromenade mit dem weissen Leuchtturm und den Brücken im Hintergrund, das hatte ich doch schon mal gesehen. Ich ging runter zur Promenade, hier hatte man inzwischen aber ein grosses Riesenrad (La Grande Roue de Montréal) hingestellt, ähnlich dem Southern Cross in Melbourne. Da musste ich natürlich mitfahren! Die Tatsache, dass gerade keine langen Warteschlangen anstanden, erleichterten den Entscheid natürlich. Drei Runden durfte man zu einem für eine Touristenattraktion recht moderaten Preis mitfahren, mit jeweils einem kurzen Halt on the top, und ich hatte sogar eine Kabine für mich. Danach hatte ich mir zum Zmittag einen feinen Lachs-Bagel verdient. Der Andrang wurde nun immer stärker, und so liess ich mich durch die Fussgängezone derAltstadt wieder hochtreiben und suchte auf der anderen Seite nach der nächsten Métrostation. Nun gings noch an den nördlichen Rand der Île de Montréal, wo ich mit der orangen Linie den Rivière des Prairies erst unterquerte, nur um dann gleich danach zu Fuss über die Pont Viau über den Fluss zurückzukehren. Dann war der Nachmittag gelaufen, es ging zurück ins Hotel und es meldete sich der Hunger. So ging ich recht früh zum Nachtessen, das hatte auch den Vorteil, dass man überhaupt noch irgendwo Platz fand. Lange musste ich nicht suchen, das Italienische Restaurant BIS (für Bistro) liegt schräg gegenüber dem Hotel und war mir schon gestern aufgefallen. Es gab frittierte Zucchini und lecker Safranrisotto mit Poulet und Erbsli! Dann noch eine letzte Runde durchs inzwischen nächtliche Montréal und zurück ins Hotel zum Bürokram erledigen.

Morgen Sonntag ist noch Montréal-Marathon und die halbe Stadt sei abgesperrt, auch das hatte ich nicht auf dem Schirm. Mal schauen, was man da noch unternehmen kann, sonst flüchte ich dann auf den Mont Royal. Nächster Fixpukt am Abend ist dann die Abfahrt des Zuges nach Halifax um 18.30, mit dem ich etwa 22 Std unterwegs sein werde, so dass es den nächsten Tagesbericht wohl erst am Montagabend geben wird.